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Mathe für Mamas: Richtig zählen lernen – was wirklich dahinter steckt

Mathe für Mamas: Richtig zählen lernen - Stapelwürfel

Meine Tochter war so stolz, als sie aus der Krippe nach Hause kam und mir ihre zwei kleinen Fingerchen entgegen streckte. „Ich bin 2 Jahre alt!“, verkündete sie. „Eins, zwei.“ Und tippte dabei auf ihre beiden Finger. An diesem Tag hat es bei ihr Klick gemacht. Auch wenn sie hier und da schon Zahlwortreihen aufzählte (mal mehr, mal weniger weit, geschweige denn in der richtigen Reihenfolge) war die Entdeckung der Zahl 2 etwas ganz Besonderes. Von da an wollte sie alles in ihrer Umgebung zählen, was zweimal vorhanden war. Die zwei Becher auf dem Tisch, die zwei Eis im Tiefkühlschrank oder meine zwei Nasenlöcher. Sie hatte es tatsächlich verstanden, den Unterschied zwischen 1 und 2, und sie hatte so viel Freude daran.

Zählen bis 2, das klingt irgendwie super einfach, gerade zu simpel. Doch Fakt ist, dass das Zählen eine unglaublich vielschichtige und hohe kognitive Leistung ist, die sehr lange braucht, um in den kleinen Köpfen der Kinder heranzuwachsen. Also was steckt tatsächlich hinter dem Zählen lernen? Und wie kannst du dein Kind dabei unterstützen? In diesem Beitrag erfährst du mehr darüber.

Mathe für Mamas: Richtig zählen lernen - was wirklich dahinter steckt

Zahl ist nicht gleich Zahl

Wir Erwachsenen haben das Zählen so stark automatisiert, dass wir gar nicht wahrnehmen, welche vielschichtigen Bedeutungsebenen dahinter stecken. Weil Zahl aber nicht gleich Zahl ist, brauchen Kinder viel Zeit, häufige Wiederholungen und Übungen, um diese Bedeutungsebenen zu erlernen und miteinander verknüpfen. Es dauert Jahre bis sie sicher (ab-)zählen können. Doch welche Bedeutungsebenen verstecken sich denn hinter dem Zählen? Vier wichtige Ebenen möchte ich dir erklären.

Das Zahlwort: Mit Zahlwörtern ist die Versprachlichung der Zahlen gemeint – also: „eins, zwei, drei, …“  Solange das Kind noch nicht erlernt und verstanden hat, was die Zahlwörter tatsächlich bedeuten, sind sie nicht mehr als leere Worthülsen ohne viel Bedeutung.

Die Menge: Beim Abzählen einer Menge von Objekten wird jedem Objekt ein einzelnes Zahlwort zugeordnet. Aber aufgepasst! Das letzte Zahlwort gibt die Menge aller bisher gezählten Objekte an. Also die Antwort auf die Frage „Wie viele sind es insgesamt?“ Allein diese Tatsache ist alles andere als einfach zu verstehen. In der Mathematik wird dies auch Kardinalzahlaspekt genannt.

Beispiel:
Ein Kind zählt Äpfel ab, indem es jeden Apfel einzeln antippt und das Zahlwort dazu sagt: „Eins, zwei, drei, vier, fünf.“ Jedem Apfel wird ein einzelnes Zahlwort zugeordnet. Der letzte Apfel, also der fünfte, gibt an, wie viele Äpfel es insgesamt sind. Die Zahl 5 bezieht sich also nicht nur auf den fünften Apfel, sondern auch auf alle anderen Äpfel. Zur besseren Vorstellung hilft es, die Menge der Äpfel bildlich zu bündeln, z.B. in einer Schale oder auf einem Teller. „Es sind fünf Äpfel.“ Genau! Zahlen geben aber nicht immer die Menge an. Ebenso könnte es ja auch der fünfte Apfel sein, der am besten schmeckt. Der Apfel könnte fünfmal gewaschen worden sein. Oder 5 kg wiegen. Oder um 5 Uhr gegessen werden. Ganz schön verwirrend, wenn man gerade erst Zählen lernt oder?

Das Mengenbild: Es gibt strukturierte und unstrukturierte Mengenbilder. Der Würfel ist ein prima Beispiel für ein strukturiertes Mengenbild. Beim Würfeln müssen wir die Würfelaugen (also die Menge) nicht einzeln abzählen, weil sie immer auf gleiche Weise angeordnet sind. Stattdessen erkennen wir die Menge bzw. das Mengenbild auf einen Blick, weil wir es uns seit unserer Kindheit an genau so eingeprägt haben. Kennt ein Kind das Würfelbild zur Zahl 6 heißt dies aber noch lange nicht, dass es auch bis 6 zählen kann. Vielleicht hat es nur das Würfelbild gelernt.

Die Ziffer: Die Ziffer ist die Verschriftlichung einer Zahl durch Linien und Bögen – also: 1, 2, 3, … Solange die Ziffer nicht mit dem zugehörigen Zahlwort und der Menge verknüpft wurde, ist sie nur ein bedeutungsloses Symbol. Häufig wird angenommen, Ziffern wären wichtig beim Zählen lernen. Stimmt aber nicht! Auch wenn wir Ziffern unweigerlich mit Mathematik verbinden, sind sie für das Zählen lernen eigentlich völlig irrelevant. Viel wichtiger ist das Verständnis der Menge in Verbindung mit den Zahlwörtern. Das Ziffern schreiben lernen die Kinder spätestens in der Grundschule, meistens übrigens ganz nebenbei.

Richtig zählen lernen geht nicht ohne Fehler

Aufgrund dieser verschiedenen Bedeutungsebenen ist das Zählen lernen alles andere als einfach. Fehler gehören dazu. Das Tolle aber: Dein Kind gibt nie auf! Immer wieder wird es versuchen sich die Zahlwörter einzuprägen und Dinge abzuzählen. Welche Fehler dabei ganz normal sind, erklär ich dir im nächsten Teil.

Am Anfang steht ein Gedicht

Bevor Kinder irgendetwas mit Zahlen anfangen können, lernen sie die Zahlwortreihe – quasi wie ein Gedicht – auswendig. Einszweidreivierfünfsechssiebenachtneunzehn. Die Zahlwortreihe ist noch eine leere Hülle von Lauten und Klängen.

Deshalb ist es auch ganz normal, wenn…

  • Zahlen ausgelassen oder vertauscht werden (würde uns bei einem fremdsprachigen Gedicht ja auch passieren oder?)
  • Zahlwörter nicht klar voneinander getrennt werden (z.B. wenn dein Kind wie folgt abzählt: „eins – zwei – drei  – vier – fünfsechs – sieben – acht – neunzehn).

Wichtige Voraussetzung fürs Zählen lernen: die Eins-zu-eins-Zuordnung

Die Eins-zu-eins-Zuordnung ist ein wichtiger Aspekt der Pränumerik und Voraussetzung fürs Zählen lernen (mehr darüber erkläre ich dir im Beitrag Lernspielzeug zur Förderung der Pränumerik). Dabei kommt es darauf an, dass dein Kind jedem Zahlwort ein Objekt zuordnet. Und zwar wirklich genau ein einziges pro Zahlwort, daher auch die Bezeichnung „eins-zu-eins“.

Weil die Eins-zu-eins-Zuordnung für kleine Kinder alles andere als einfach ist, ist es auch ganz normal, wenn…

  • dein Kind beim Abzählen Dinge doppelt zählt
  • oder Dinge auslässt und vergisst.

Mein Kind vergisst beim Zählen immer die Zwei / Drei!

Ein Phänomen, das ich bei meiner Tochter schon seit längerem beobachte: Beim Zählen vergisst sie die Zwei (oder phasenweise die Drei). Ich wurde hellhörig, als mir eine Freundin über ihre Tochter das Gleiche erzählte. Eine kleine Umfrage bei Instagram ergab, dass es anscheinend vielen Kleinkindern so ergeht. Auch in Internetforen wird das Phänomen der vergessenen Zwei/Drei häufig diskutiert. Aber woran liegt das nur?

Vermutlich daran, dass das Verständnis vom Zählen, d.h. die Verknüpfung von Zahlwörtern und Mengen, bei kleinen Kindern noch unsicher und nicht gefestigt ist. Hinzu kommt, dass sich die Zahlwörter Zwei und Drei sehr ähnlich anhören, dies führt schnell zu Verwechselung und eine der beiden Zahlen wird ausgelassen. Das ist aber kein Grund zur Sorge. Früher oder später wird auch dein Kind den Unterschied der beiden Zahlen hören, wahrnehmen und sich merken.

So unterstützt du dein Kind beim Zählen lernen

Das Wichtigste ist die Freude am Zählen aufrecht zu erhalten. Also mach bloß keinen Druck. Wenn dein Kind keine Lust hat zu zählen, lehn dich zurück und warte erstmal ab. Vielleicht sieht es morgen, in einer Woche oder einem Monat schon anders aus.

Auch beim Verbessern solltest du dich zurückhalten. Sei lieber ein gutes Vorbild für dein Kind: Zähle deutlich vor, wenn du die Gelegenheit dazu bekommst. Oder frag nach, ob dein Kind mit dir zusammen zählen möchte. Aber akzeptiere ein Nein.

Die besten Zählanlässe für Kleinkinder findest du im Alltag – am eigenen Körper, Zuhause oder unterwegs, z.B. beim Einkaufen. Hier kommen ein paar Beispiele, wie du das Zählen lernen anregen kannst:

  • Am Körper: Wie viele Hände/Ohren/Augen/Nasen hast du? Wie viele Zehen hast du? Und wie viele Zehen hat dein Bruder?
  • Zu Hause: Wie viele Teller brauchen wir heute? Gib mir mal drei Löffel aus der Schublade. Gibst du mir eine Weintraube ab? Heute Abend darfst du dir zwei Bücher aussuchen, die ich dir vorlese. Komm, wir zählen die Treppenstufen bis nach oben! Ich gebe dir noch 5 mal Anschwung, danach ist Schluss mit Schaukeln.
  • Beim Einkaufen: Wir wollen fünf Äpfel kaufen. Wir brauchen zwei Pakete Haferflocken. Du darfst dir drei Quetischies aussuchen.

Förderlich beim Zählen lernen ist die aktive Bewegung. Durch sie prägen sich die Zahlwörter und die Eins-zu-eins-Zuordnung besser ein. Manche Kindern hilft es, Zahlwortreihen zu hüpfen, zu springen oder Purzelbäume zu schlagen. Aber auch kleine Bewegungen können helfen. Zum Beispiel, wenn die zu zählenden Objekte mit dem Finger angetippt werden, von rechts nach links geschoben oder Stück für Stück auf einen Teller gelegt werden. Dies ist auch eine visuelle Hilfe und es fällt den Kindern leichter, kein Objekt zu vergessen oder doppelt zu zählen.


 

Ich hoffe, ich konnte dir durch diesen Beitrag etwas verständlich machen, was unsere kleinen Kinder Großartiges beim Zählen lernen leisten. Wenn du noch Fragen hast, Wünsche oder Anregungen, schreib mir gerne einen Kommentar!

Viel Spaß beim Zählen lernen!

 

PS: Kennst du schon meinen Beitrag darüber, wie du mit einfachen Versteckspielen Mathe fördern kannst? Dann schau doch mal hier vorbei!

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